Wie die Semantik Einzug in die Suchalgorithmen hält.
3.
JULI 2017
Sprachsuche
Texterstellung
SEO
Noch vor ein paar Jahren war das Suchen bei Suchmaschinen wie Google, Bing, Yahoo und all den anderen (idealo.de, jameda.de, gulp.de etc.) relativ mühsam, denn man musste sich konkrete Begriffe überlegen, die dann bitteschön auch auf der gesuchten Seite enthalten waren. Im Prinzip musste man vorher schon wissen, was man eigentlich suchte. Seit der Weiterentwicklung der Suchalgorithmen und der Einführung der Sprachsuche – im Englischen „voice search“ – hin zur Integration der Semantik wird nun vieles sehr viel leichter – zumindest auf Seiten der Suchenden. Denn genau diese Entwicklung macht denjenigen, die die Suchenden auf ihren Sites in Empfang nehmen möchten, gehörig Kopfzerbrechen. Aber erstmal von Vorne:
1. Die Standard-Suche
Zunächst einmal möchte ich mit einer ganz einfachen Abfrage sehen, wie ernst Google mich nimmt. Ich bin noch nie gerne zum Zahnarzt gegangen und fühle mich auf dem Stuhl auch nicht besonders wohl. Jetzt möchte ich wissen, ob ich zum Kreis der Angstpatienten gehöre und möchte mir zu diesem Thema Informationen beschaffen.
Meine getippte Suche sah bisher so aus: Zahnarzt Angspatient
Meine Sprachsuche klingt aber ganz anders: Ich habe Angst vor dem Zahnarzt, was kann ich tun?
Der Grund für den eklatanten Unterschied in den beiden Abfragen ist der, dass wir gelernt haben, Suchabfragen im Internet NICHT semantisch zu formulieren. Das rührt wohl noch aus der Zeit, als Suchabfragen mit „+“ und „-“ verfeinert werden mussten, wenn man nach mehr als einem keyword suchen wollte.
Heute ist es aber nun so, dass ich ja nicht nach einem Keyword suche, sondern nach Antworten auf meine Fragen. Die großen Suchmaschinenbetreiber und Anbieter von Online-Plattformen wie idealo z.B. haben das erkannt und verbessern ihre Suchalgorithmen kontinuierlich bis hin zur semantischen Frage-Antwort-Situation.
Ich stelle also fest, dass meine Sprachsuche für mich wesentlich konkretere Ergebnisse liefert, als die Standard-Suche mittels keyboard. Wenn ich das als Grundlage für mein eigenes Learning nehme, werde ich auch in Zukunft Standard-Suchanfragen mittels Spracheingabe tätigen. Gut für mich, erziele ich doch eine höhere Qualität in den Ergebnissen – und spare auch noch Zeit. Interessant ist allerdings, dass Google bei meiner getippten Suche meinen Standort ohne konkrete Not miteinbezieht – schließlich tut er ja bei dieser Suchanfrage überhaupt nichts zur Sache.
2. Die Kontext-basierte Suche
Wenn ich nun auf der Suche nach einem guten Frauenarzt bei mir in der Nähe bin, so sah meine getippte Suche bisher so aus: Frauenarzt München Bewertung. Das Ergebnis ist recht ernüchternd: auf eine Anzeige folgen erstmal fünf Portale, die Ihre entsprechenden Einstiegsseiten auf meine Suchanfrage optimiert haben. D.h. also, ich muss mich tiefer mit der Materie befassen.
Meine Sprachsuche hingegen führt schon eher zum Erfolg. Mit „Wo finde ich in der Nähe einen guten Frauenarzt?“ habe ich auf einen Blick drei konkrete Vorschläge im näheren Umfeld. Dazu muss natürlich meine Standortlokalisierung aktiv sein. Hier bleibt die Frage offen, ob ich das so gut finde, wenn die Suchmaschine zu jedem Zeitpunkt „weiß“, wo ich mich befinde. Noch sehe ich das recht pragmatisch, denn bei allem Fortschritt muss man dann und wann auch Kompromisse eingehen.
getippt: „Frauenarzt München Bewertung“
gesprochen: „Wo finde ich in der Nähe einen guten Frauenarzt?“
3. Die Suche mit schnellem Ende
In diesem Fall ist es relativ egal, ob ich „Kardiologie Bedeutung“ schreibe oder frage „Was bedeutet der Begriff „Kardiologie“?“: Die Erklärung erscheint bei Google direkt unterhalb des Search-Bars, so dass sich der geneigte user nicht einmal mehr durch die Suchergebnisse klicken muss (Anmerkung: für die gelisteten Ergebnisse kann das durchaus von Nachteil sein, da hier ein durchaus signifikanter Anteil des traffics einfach wegbricht.)
Ganz interessant ist, dass bei der Nutzung der Sprachsuche von Google Now, der Google-Info-App für Handys, die Frage nach dem Wetter (z.B. „Wie wird das Wetter morgen in Hamburg?“) zum Beispiel ) sogar direkt sprachlich beantwortet wird. Somit ist meine Suche mit einem einzigen Satz beendet.
Apple’s Siri, Microsoft’s Cortana, Amazon’s Echo/Alexa – quo vadis, Sprachsuche?
Wie geht es also nun weiter?
Während ich mich mit der gesprochenen Suche immer noch recht schwer tue und meist erst überlegen muss, wie meine geschrieben Suche wohl in der gesprochenen Sprache klingen mag, fällt genau das meinem dreijährigen Kind ganz leicht. Dieses kleine Kind spricht den Satz „Ich möchte bitte Elefanten kucken“ mit einer Selbstverständlichkeit in die Suche, dass mir fast schwindlig wird. Klar – es hat es nicht anders gelernt. Der riesen Vorteil: es muss sich für die Zukunft nicht einmal umgewöhnen. Denn so sprechen wir im Alltag auch miteinander. Und nebenbei: man beachte die höfliche Ausdrucksweise 😉
Ich bin gespannt, wohin uns die Möglichkeiten der Sprachsuche noch bringen werden. Die Sprachsteuerung von Smart-Home-Geräten ist längst möglich; die Integration in das Smart-Home-Netz schreitet schon voran, wie Amazon mit Echo schon bewiesen hat. Auch im Auto wird sie bald ein beständiges feature sein. Weitere Nutzungsszenarien sind nicht nur denkbar, sondern v.a. schon leicht machbar. Was darüber hinaus alles schon möglich ist und langfristig möglich sein wird, ist in diesem Artikel sehr schön beschrieben.
Auswirkungen auf die Search Engine Optimizaiton der Zukunft:
Wie eingangs schon erwähnt: den SEOs der Zukunft bereiten diese Entwicklungen gehörig Kopfzerbrechen. Schließlich wurde in den letzten zehn Jahren alles dafür getan, die Suchmaschinen selbst zu befriedigen, um so weit oben wie möglich in den SERPs zu erscheinen. Nun hat sich das Blatt gewendet und es passiert das, was eigentlich schon vor langer Zeit hätte passieren müssen: der user – sprich, der Mensch – rückt in den Mittelpunkt der ganzen Angelegenheit. Jetzt wird es plötzlich wichtig, Texte, Landingpages, Anzeigen FÜR DEN USER zu gestalten und eben nicht mehr für die Suchmaschine, deren Gunst man bisher verzweifelt versuchte zu erlangen. Wie das geht? Nun, zum großen Teil mit einfachem Menschenverstand. In etwa sieht das dann so aus: Werde den Erwartungen deiner user gerecht, in dem du longtail keywords in deine Texte integrierst. Suche Antworten zu den Fragen deiner user, z.B. via Tools wie answerthepublic.com, und integriere diese sinnvoll in deinen Texten/Medien. Desweiteren ist es ratsam, erklärungsbedürftige Textpassagen um einen Begriff herum zu optimieren. So erhält man die Chance mit diesen Textbausteinen oberhalb aller anderen Suchergebnisse gelistet zu werden. Helfen können hier z.B. ordentliche HTML-Strukturen in den Texten (Verwendung von <h2>-tags z.B.) und ein passender Posttitel.
Dieses Thema wird langfristig immer weiter an Bedeutung gewinnen. Und vielleicht haben wir schon bald nicht nur ein „Internet der Dinge“, sondern sogar ein „Internet der Menschen“.